Das Käthchen von Rohrbach

aus Frauenfeld, Karl-Heinz: Rohrbach im Wandel der Zeit


Das zerbrochene Ringlein

Joseph von Eichendorff hielt sich mit seinem Bruder 1808 in Heidelberg auf und reiste überstürzt ab, als seine Beziehung zu Katharina Barbara Förster unerwartet in die Brüche ging. Seinen Trennungsschmerz verarbeitete er in dem Gedicht „Das zerbrochene Ringlein“. Mit diesem Gedicht hat Joseph von Eichendorff  seiner Liebe zu Käthchen ein Denkmal gesetzt. Das Gedicht wurde Friedrich Glück vertont zu dem allseits bekannten Volkslied.

Eichendorff in Rohrbach - seine Liebe zu Käthchen

Eichendorffportrait con Grete Werner-Wesner

Als Joseph Freiherr von Eichendorff mit seinem Bruder Wilhelm am frühen Morgen des 17. Mai 1807 durch das Karlstor fuhr, war er begeistert von der Schönheit der Landschaft um Heidelberg, wie aus seinen Tagebüchern zu entnehmen ist. Sowohl die Lage der Stadt, wie das Neckartal hinterließen einen solch nachhaltigen Eindruck bei ihm, dass in vielen seiner späteren Novellen Hinweise darauf zu finden sind.

Die beiden Brüder waren nach Heidelberg gekommen, um ihre in Halle unterbrochenen Studien fortzusetzen. Doch bald wurde Joseph von Eichendorff ergriffen von der Geistesbewegung der Romantik, die unter Achim von Armin, Clemens von Bretano und Joseph von Görres in Heidelberg ihre Blütezeit erlebte. Landschaft und Menschen übermittelten dem Dichter somit Eindrücke, die z.T. sein ganzes künstlerisches Denken beeinflussten

Diese Stimmung wurde noch zusätzlich verstärkt durch einen engen Freundeskreis, dem sich Eichendorff angeschlossen hatte, und der sich teilweise schon von Halle her kannte. Graf von Loeben, Budde, Strauß und die beiden Eichendorffs gründeten einen literarischen Kreis, den sie „Eleusinischen Bund“ nannten. Sie gaben sich schwärmerisch bedeutende Namen: so nannte sich Joseph von Eichendorff- „Flores“, Wilhelm- „Polux“ und Graf von Loeben- „Isidorus“. Es wurde über Dichtung diskutiert und Theaterstücke eingeübt. Treff- und Mittelpunkt dieses Freundeskreises wurde der Rote Ochsen in Rohrbach. Warum gerade dieses Gasthaus ausgewählt wurde - ob Zufall oder Absicht, kann niemand ergründen. Eines steht fest: gegenüber dem „Roten Ochsen“ befand sich das Geburts- und Elternhaus (heutige Rathausstrasse 72) der Rohrbacher Küferstochter Katharina Barbara Förster, die den Aufenthalt Joseph von Eichendorffs in Heidelberg ganz entscheidend beeinflussen sollte

Wer war nun dieses Mädchen, und wie kam es zur Beziehung zu Eichendorff? Sie war die Tochter  des Rohrbacher Küfermeisters Johann Georg Förster und seiner Ehefrau Maria Barbara geb. Astor (eine Verwandte des berühmten Walldorfer Astor, der es in Amerika zum Millionär brachte) und wurde am 20. Januar 1789 in Rohrbach geboren. 18-jährig (1807) kam sie zu ihrem Bruder, dem Bäckermeister Johann Jakob Förster, der in Heidelberg (heutige Hauptstrasse 59) eine Bäckerei hatte, um ihm im Haushalt zu helfen. Dabei traf sie auf die Eichendorff- Brüder, die sich hier einlogiert hatten. Für das  was sich nun zugetragen hat, sprechen nur die knappen Tagebucheintragungen Joseph von Eichendorffs zu uns.

Aus einer anfänglichen Tändelei scheinen die beiden jungen Menschen in eine tiefe Zuneigung und Liebe zueinander  gefunden zu haben. Tagebucheintragung vom 7. Februar 1808 (Katharina wird immer nur mit K. bezeichnet): „Verunglückter Spaziergang nach Rohrbach mit Isidorus. Wie wir zurückkehren, geht K. mit dem Bruder nach Rohrbach. Mein Nachrennen und Einholen. Großer Wind. Trauer eines fast gebrochenen Herzens. Sich selbst bedauern. Ich allein im Ochsen. Trüber Tag. Die Laden dunkel zu. Rauschen des Baches draußen.“

  • 19. März 1808: „Nachmittags schrecklich nachgelaufen nach Rohrbach. Den Namen in den Schnee. Herausgucken bei meinem Hinaufgehen in der langen Strasse. Beim Vater. Uralte Großmutter. Wein und Nüsse.“
  • 21. März 1808: „Große Händel wegen gemachter Entdeckungen...“
  • 27. März 1808: „… Dann schnellstmöglich nach Rohrbach. Wieder beim Vater, u. Wein u. Nüsse. - Rot und schön. - Der schöne Wilhelm. - Gespräche über die Bibel. - (Schlaues Lauschen der kleinen Schwestern.) Überall protestantische Rotkäppchenartige Sonntagsruhe fast mystisch. - bei großem Wind nach Hause. - Traurig.“
  • 3. April 1808: „Als ich eben vom Spaziergange zurückkam, K. mit Schwester und Kameradin nach Rohrbach hinaus, unerwarteterweise Heidelberg ganz verlassend. … Schöner warmer Abend. K. umschlungen u. sehr lieb. An der wohlbekannten Hecke am Bache langer herzlicher Abschied.

Hier brechen die Tagebucheintragungen ab, oder sie sind vernichtet worden. Das Verhältnis der beiden wurde offensichtlich durch irgendein plötzliches Ereignis oder Eingreifen der Familie unterbrochen. Tatsache ist, dass die Brüder Eichendorff, in überhastetem Aufbrechen, Heidelberg am 5. April 1808 verlassen, um nach Paris zu reisen. Die beiden Liebenden haben sich nie mehr gesehen.

Katharina starb mit 48 Jahren, ledig geblieben, am 30. Juli 1837 in der Bäckerei und Wirtschaft „Zur schwarzen Traube“, dem heutigen „Schnookeloch“ (Haspelgasse 8) und wurde am 1. August 1837 auf dem Friedhof bei der Peterskirche in Heidelberg beerdigt.

Joseph von Eichendorff hat sein Käthchen wohl nie vergessen können, wie aus seinen späteren Werken herauszulesen ist. Ein Denkmal hat er seiner Liebe gesetzt mit dem Gedicht „Das zerbrochene Ringlein“, das, durch Friedrich Glück vertont, zu dem allseits bekannten Volkslied wurde.