Der Stadtteilverein Heidelberg Rohrbach e. V.

von Ludwig Schmidt-Herb und Hans-Jürgen Fuchs

Zur Geschichte des Stadtteilvereins

Wie in vielen anderen Heidelberger Stadtteilen wurde auch in Rohrbach nach der Eingemeindung (1.4.1927) die Notwendigkeit erkannt, einen Stadtteilverein zu gründen. Seine Aufgabe war es, die Interessen der Rohrbacher Bürger gegenüber der Stadtverwaltung und anderen Institutionen zu sammeln, zu bündeln und in geeigneter Form zu artikulieren. Außerdem sollte er die kulturellen und traditionellen Werte und Gepflogenheiten des Stadtteil in gebührender Form pflegen und erhalten.

Am 1.8.1928 wurde dieser neue Verein gegründet (siehe Auszug Gründungsprotokoll). Allerdings handelte es sich dabei nicht um eine völlige Neugründung, vielmehr konnte der neue Verein Personal und Aufgaben des schon seit über 30 Jahren bestehenden „Gemeinnützigen Vereins Rohrbach“ (GVR) übernehmen und unter dem Namen „Stadtteilverein“ fortführen.

Dieser GVR wurde um 1896 in der damals noch selbständigen Gemeinde Rohrbach gegründet. Leider besitzen wir über dessen erste 11 Jahre keine schriftlichen Zeugnisse. Erst ab 1907, als der Erste Vorsitzende Dr. Philipp Roser zurücktratt und der Architekt Jakob Johann Bozung zu seinem Nachfolger gewählt wurde, gibt es ein kontinuierlich geführtes Protokollbuch (siehe Auzug Protokoll v. 29.5.1907). Daraus ist zu entnehmen, dass sich der Verein in erster Linie darum kümmerte, die Infrastruktur des wachsenden, stadtnahen Dorfes zu verbessern (Straßenbahn, Gasanschluss, Gehwege, Jauche- und Müllabfuhr, Post, Apotheke) und im nahen Wald Wege, Bänke und Steinwegweiser zu errichten. Aber auch die Ausrichtung des Sommertagszuges ist seit 1909 Aufgabe des Vereins. Außerdem machte es sich der GVR zur Aufgabe, im Norden Rohrbachs eine sogenannte „Villenkolonie“ zu fördern, die es wohlhabenden Städtern ermöglichen sollte, sich hier günstige Baugrundstücke zu kaufen. Gleichzeitig versuchte der Verein ab 1907, die Eingemeindung Rohrbachs nach Heidelberg zu betreiben.

Der 1. Weltkrieg und die Inflationszeit unterbrachen das Wirken des „Gemeinnützigen Vereins Rohrbach“ für ca. 10 Jahre, bis er sich 1924 unter alter Vorstandschaft wieder neu formierte und dann 1928 zum „Stadtteilverein” umbenannte. Bis zum letzten Eintrag im Protokollbuch am 4.8.1932 bleibt Architekt Bozung Erster Vorsitzender, mit Beginn der Nazi-Zeit löste sich der Verein auf.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde 1946 unter Aufsicht der Amerikanischen Besatzung der „Kultur- und Sportring Rohrbach“ gegründet, in dem mehrere ortsansässige Vereine eine gemeinsame Organisation und Vertretung fanden. Eine der herausragenden Aktivitäten dieses Dachvereins war 1952 die Planung und Durchführung der ersten Rohrbacher Heimattage. Am 16.3.1956 formierte sich dieser Verein dann wieder zum „Stadtteilverein“, in dem neben dem amtierenden Vorstand nun auch 16 Rohrbacher Vereine und weitere Organisationen aus Kirchen, Schulen, Gewerbe und Freien Berufen als „Beirat“ organisiert waren. Seit diesem Termin existieren wieder kontinuierliche Protokolle über die Aktivitäten des Vereins. Dazu gehörten – neben traditionellen Veranstaltungen wie den Sommertags- und Martinszügen und der Rohrbacher Kerwe – vor allem die 2. Rohrbacher Heimattage 1957 und die 1200-Jahr-Feier 1966. Dieses große Fest gab dem Verein auch sein historisch ausgerichtetes Profil für viele Jahre.

1967 wurde Karl Heinz Frauenfeld, der maßgeblich an der Gestaltung dieses Festes beteiligt war, zum Ersten Vorsitzenden des Stadtteilvereins gewählt und behielt dieses Amt für 28 Jahre. Seiner Initiative verdankt Rohrbach 1971 die Gründung eines Heimatmuseums sowie 1983 dessen Anerkennung als „Literarisches Museum des Landes Baden-Württemberg“. Das Museum war bis 1995 in den Räumen des Alten Rohrbacher Rathauses untergebracht, musste aber dann dem städtischen Bürgeramt weichen. Das neue Heimatmuseum konnte dann im folgenden Jahr am 30.3.1996 in der ehemaligen Bäckerei Gröschl eingeweiht werden, jetzt schon unter dem neuen Vorsitzenden Ernst Knauber. Das Heimatmuseum ist jeden ersten Sonntag im Monat geöffnet. Das Museumsteam führt außerdem unter der Leitung von Gustav Knauber den „Verzähldisch” durch, bei dem sich 6x jährlich Alteingesessene und Neubürger treffen und vom Leben in Rohrbach früher und heute erzählen.

Stadtteilverein heute

In den Jahren um die und kurz nach der Jahrtausendwende musste sich der Verein neben seinen traditionellen Aufgaben neuen Herausforderungen stellen – vor allem städtebaulicher Natur. 1997 wurde der Stadtteilrahmenplan öffentlich diskutiert, 2002 ging es – inzwischen unter dem Vorsitzenden Bernd Frauenfeld (seit 24.3.2000) – um die Planungen zum Umbau von Rohrbach-Markt und um die Einrichtung eines Wochenmarkts vor dem Rathaus, 2003 stand der Bebauungsplan für das „Quartier am Turm“ (ehemalige Fuchs-Waggon-Fabrik) zur Debatte, 2006 wurden die Pläne zur Ortskernsanierung vorgestellt, ab 2008 wurde die Karlsruher Straße in mehreren Abschnitten erneuert, 2010 standen Pläne für das neue Nahversorgunszentrum zur Diskussion.

Der Verein hat auch seine Funktion „Dachorganisation” der Rohrbacher Vereine zu sein bewahrt. Er koordiniert und unterstützt deren Arbeit und gibt zum Beispiel einen jährlichen Veranstaltungs­kalender heraus mit wichtigen öffentlichen Terminen aller Rohrbacher Vereine und Organisationen.

Auch der jetzige Vorsitzende Konstantin Waldherr (seit 16.7.2021) steht in der Tradition dieser vielfältigen Aufgaben. Obwohl Rohrbach seit fast 100 Jahren nach Heidelberg eingemeindet ist, sieht es der Stadtteilverein als seine Aufgabe an, den eigenständigen Charakter des zu wahren. Eine wesentliche Aufgabe ist die Mitsprache und Einflußnahme bei politischen Entscheidungen, die Rohrbach betreffen – der Stadtteilverein will Stimme Rohrbachs sein im Bezirksbeirat, in Presse und Öffentlichkeit. Er hat es sich auch zum Ziel gesetzt, die Vielfalt der Stadtteilkulturen zu unterstützen und sie bewahren zu helfen. Die Kultur in der Stadt wird nicht nur von den großen Institutionen getragen, sondern auch von den Vereinen vor Ort und von den kleinen Initiativen. Die Leistung dieser Gruppen wird nach unserer Meinung noch zu wenig gewürdigt.

In den letzten Jahren wurden auch die städtebaulichen Anforderungen an den Stadtteilverein noch umfangreicher. Nach dem Abzug der Amerikaner wartet das Gelände des ehemaligen Hospitals auf seinen Umbau und neue Bewohner. Der Stadtteilverein arbeitet intensiv bei der Bürgerbeteiligung mit, u. a. bei den Schlüsselpersonengesprächen. Der Westen des Stadtteils spielt insgesamt eine deutlich größere Rolle in der Arbeit unseres Vereins. Wir sind Mitglied an Runden Tisch für den Hasenleiser und kooperieren mit dem neu eingerichteten Quartiersmanagement.

Die große Zahl an Flüchtlingen, die vor allem aus den Kriegsgebieten im Nahen und Mittleren Osten nach Deutschland kommen, beschäftigt auch den Stadtteilverein. Auch in Rohrbach sollen Menschen untergebracht werden. Mitzuhelfen, dass dies so gestaltet wird, dass alle Betroffenen, Geflüchtete wie Nachbarn, gut damit leben können, betrachten wir als wichtige Aufgabe.

Die traditionellen Veranstaltungen führt der Stadtteilverein fort, den Sommertagszug zum Beispiel nun schon im 107. Jahr. Weitere traditionelle Veranstaltungen, die der Stadtteilverein organisiert sind das Osterbrunnenfest, das Museumsfest, die Kerwe, der Seniorenherbst, der Martinszug, der Volkstrauertag, der vorweihnachtliche Markt und das Weihnachtsliedersingen auf dem Friedhof mit Weihnachtsbaum. Als neue Traditionsveranstaltung wurde vom Stadtteilverein das jährliche Pogromnachtgedenken am 9. November initiiert.

Seit 2013 verwaltet der Stadtteilverein auch das Alte Rathaus, das von Vereinen genutzt werden kann und in den auch ein kleines Kulturprogramm angeboten wird.

Eine ganz besondere Herausforderung für den Verein und seine Aktiven war natürlich die Planung und Durchführung der 1250-Jahrfeiern Rohrbachs 2017.

Die Artikulation und Vertretung der Interessen der Rohrbacher Bürger und Gewerbetreibenden gegenüber Bezirksbeirat, Gemeinderat und Stadtverwaltung gelingt aber nur, weil der Verein unparteiisch und überparteilich geblieben ist und sich um eine möglichst breite Basis in der Bevölkerung bemüht. Derzeit sind fast 700 Einzelmitglieder und ca. 50 Vereine und Gruppierungen im Stadtteilverein Rohrbach organisiert.

Vorstand und Beiräte

Die Mitglieder unseres Vorstands und Beirats finden Sie hier …

Satzung und Mitgliedsantrag

Regelmäßige Veranstaltungen