Ansprache von Karin Weidenheimer
Liebe Rohrbacherinnen und Rohrbacher, liebe Freunde des Rohrbacher Feldes,
danke, dass Sie heute gekommen sind. Danke an den Nachbarschaftskrach, der heute seine Unterstützung zeigt, auch wenn er nur symbolisch spielt.
Wir stehen wieder hier, weil es inzwischen noch mehr Pläne gibt, die unsere Felder, unsere Umwelt, unser Naherholungsgebiet und unsere Lebensqualität unwiderruflich negativ verändern.
Ich möchte Sie auf eine kleine Zeitreise mitnehmen.
1969 sind meine Eltern mit mir in den Hasenleiser gezogen. Unser Haus war eines der ersten, das hier gebaut wurde.
Es gab kein Gewerbegebiet Rohrbach Süd, kein Gewann See und keine B 535. Richtung Leimen kamen erst das Zementwerk und Eternit.
Dafür gab es aufgelassene Gärten, in denen meine Mutter und ich Obst gepflückt und eingemacht oder zu Marmelade verarbeitet haben. Es gab sogar einen Schäfer, der mit seiner Herde unterwegs war. Ab und zu sind Hasen zwischen den Bauarbeitern durchgeflitzt, die am Hasenleiser gebaut haben.
Dieses Rohrbach aus meiner Kindheit gibt es nicht mehr. Unsere Kinder werden es nie so kennenlernen und wir werden es auch nie mehr zurückbekommen.
Ja, im Laufe eines Lebens verändert sich einiges. Das gehört dazu.
Ja, wir brauchen Platz zum Wohnen und wir brauchen Platz für Firmen und wir brauchen Platz für alle Verkehrsteilnehmer
Wir brauchen aber auch Platz zum Leben. Immer mehr, immer enger, immer weniger Freiraum, immer weniger Platz um Durchatmen kann es nicht sein. Leben bedeutet nicht nur wohnen und arbeiten, sondern hat auch etwas mit Lebensqualität zu tun.
So wichtig und nachvollziehbar verschiedene Vorhaben sind, sei es eine Straßenbahnabstellanlage oder eine Erdgasleitung, müssen wir uns auch klar darüber sein, welchen Preis wir dafür zahlen müssen. Der Preis ist die Zubetonierung von Bodenflächen, eine Zerstörung von Landwirtschaft und Weinanbau.
Wenn hier auf diese Fläche eine Abstellanlage für Straßenbahnen kommt, dann sind die Bäume, die Wiese und die Ackerflächen weg und zwar für immer.
Wenn die Erdgasleitung so verlegt wird, wie sie zuletzt geplant wurde, sind weitere landwirtschaftlich genutzte Flächen weg. Auch die für immer. Die Süddeutsche Erdgasleitung hat eine Länge von ca. 250 km und geht von Lampertheim (Hessen) – Bissingen (Bayern). Alleine der Arbeitstreifen hat eine Breite von 34 m und es verbleibt ein Schutzstreifen von 10 m. Auf der Breite des Arbeitsstreifen ist der Boden zerstört. Stellen Sie sich das hier vor.
Auf der einen Seite wollen wir, dass unsere Nahrungsmittel und Weine regional produziert werden, auf der anderen Seite lassen wir Entwicklungen zu, aufgrund der Landwirte und Winzer aufgeben, weil die bewirtschaftete Fläche immer kleiner wird. Das macht niemand leichtfertig. Hier geht es nicht um große anonyme Konzerne, sondern um Land, das die Familien seit Generationen bewirtschaftet haben.
Wenn ich mir die Veränderungen alleine in meiner Generation ansehe, dann müssen wir sagen, es reicht.
Jeder Quadratmeter dieser Flächen ist kostbar und genauso muss man mit ihnen umgehen.
Bei den Vorhaben darf es nicht nur darum gehen, was am billigsten ist und sich mit möglichst wenig Widerstand realisieren lässt, sondern was im Interesse von uns, unseren Kindern und Enkelkindern die lebenswerteste Lösung ist.
Eine Straßenbahnabstellanlage, für Bahnen die man, wenn überhaupt erst 2040 braucht und dann aufgrund einer Erweiterung der Gleistrassen Richtung PHV und Schwetzingen, ist Rohrbach jedenfalls nicht der richtige Standort.
Und was die Erdgasleitung betrifft, kann es ebenfalls nicht nach dem kürzesten Weg gehen, sondern es ist dabei zu prüfen, welche Route den geringstmöglichen Eingriff in die Natur mit sich bringt. Da gibt es sicher noch andere Optionen als die alten Pläne.
Nicht nachvollziehbar ist das Verhalten der Stadt, wenn es um diese Vorhaben geht.
Bei dem Bürgerentscheid Ochsenkopfwiese hat die Stadt erklärt, dass sich der neue Betriebshof am jetzigen Standort umsetzen lässt. Straßenbahnen könnten während der Bauphase in Nachbargemeinden untergestellt werden. Das alles soll nicht mehr möglich sein, weil man diese Standorte nicht reserviert hat. Deshalb müssten jetzt neue Standorte für Abstellanlagen, wie hier bei uns, gesucht werden.
Der Entwurf einer Rohrbacher Bezirksbeirätin, wie man alle Straßenbahnen am aktuellen Standort unterbringen könnte und die Sanierung im laufenden Betrieb durchführen könnte, wurde von der Stadt als Kokolores abgetan. Dabei ist Karin Weber Verkehrsplanerin und weiß, wovon sie redet.
Wenn es um die beabsichtigte Erdgasleitung geht, dann ist das Verhalten der Stadt auch nicht nachvollziehbar. Noch am 2. März bekamen wir Bezirksbeiräte auf unsere Anfrage hin mitgeteilt, dass man bei der Stadt nichts von neuen Plänen wüsste. Nur wenige Tage später bekam ein interessierter Bürger von Terranets die Auskunft, dass die Stadt Heidelberg bereits im April letzten Jahres über das Vorhaben informiert worden sei.
Und nun kommen wir zum Interkommunalen Gewerbegebiet. Das ist eine Verschmelzung des Gewerbegebiets Rohrbach Süd mit dem angrenzenden Gewerbegebiet in Leimen.
Warum auf unserer Acker-Seite der B3 Flächen in dieses Vorhaben einfließen, ist völlig unverständlich. Bisher war die B3 wie ein Schutzwall, dass zumindest diese Seite hier von Eingriffen unberührt bleibt. Was konkret hierfür geplant ist, lässt sich aus den bisher veröffentlichten Unterlagen nicht ersehen.
Wenn wir nicht aufpassen, wird hier alles scheibchenweise zugebaut. Es wird immer nur um ein paar Felder oder ein paar Meter gehen. Zum Schluss ist auch diese Seite der B3 von Rohrbach bis Leimen zugebaut. Und wenn unsere Landwirte und Winzer aufgeben, dann wird man auch diese Flächen einer anderen Nutzung zuführen.
Ich will hier keine Schwarzmalerei betreiben. Ich sehe nur, wie viele Äcker und Wiesen in den letzten Jahrzehnten verschwunden sind und das darf nicht so weitergehen.
Und deshalb sagen wir hier klar: Finger weg von den Rohrbacher Feldern!